Vom Einwanderungsgebiet zum Auswanderungsland Vor allem im ländlichen Umland blieben ein Aufbrechen der veralteten
Agrarstrukturen und eine Reform des noch immer wirksamen grundherrschaftlichen
Systems aus, so dass die Ernährungsbasis für die
wieder wachsende Bevölkerung zu schmal blieb. Von einem bevorzugten
Einwanderungsziel religiöser Minderheiten wurde die Grafschaft Ysenburg
im 18. Jahrhundert im Zuge der allgemeinen demographischen Entwicklung
und der konjunkturellen Schwankungen mehr und mehr zu
einem Auswanderungsgebiet, wie die benachbarten Territorien auch.
Bereits in der frühen Phase der „Peuplierungspolitik” mit ihren wirtschaftlichen
Anreizen zeigten sich in bestimmten Landstrichen irritierende
Momente, deutliche Emigrationsphänomene. So zogen schon 1709 aus
dem Gericht Düdelsheim im Marienborner Landesteil, vor allen den
Orten Ober- und Nieder-Mockstadt und Stockheim, zahlreiche Menschen
„in Carolinam” , in die britischen Kolonien im Osten Nordamerikas, als
Teil einer ersten großen Auswanderungswelle unter der Bezeichnung
„the Palatinates”, die Pfälzer8. Für den weiteren Verlauf dieser Emigrationsbewegung
müssen einige Anmerkungen genügen, zumal die
Ziele nicht von den üblichen Strömungen abweichen9. Diese Wellen
führten zwischen 1720 und 1740 etwa ins Banat und nach Ungarn; in den
Vierzigern und Fünfzigern des Jahrhunderts waren die Staaten Neu-
Englands, speziell Pennsylvanien, das bevorzugte Ziel, nicht nur aus
religiösen Gründen10. Seit 1754 fassten Büdinger Auswanderer auch
in Südafrika Fuß, als Soldaten und Handwerker der Niederländisch-
Ostindischen Kompanie11. Nach dem Siebenjährigen Krieg lockten die
forcierten Siedlungsprojekte Friedrichs des Großen manchen Sohn des
Büdinger Landes nach Preußisch-Pommern oder in die neu erworbenen
schlesischen Gebiete.